Hiob 10; Hiob 11; Hiob 12; Hiob 13

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Hiob 10

1 Meine Seele ist meines Lebens überdrüssig; ich will meiner Klage in mir freien Lauf lassen, will reden in der Bitterkeit meiner Seele.
2 Ich will zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! laß mich wissen, worüber du mit mir rechtest.
3 Gefällt es dir, daß du bedrückst, daß du die Arbeit deiner Hände verwirfst und über den Rat der Gesetzlosen dein Licht leuchten lässest?
4 Hast du Augen des Fleisches, oder siehst du, wie ein Mensch sieht?
5 Sind deine Tage wie die Tage eines Menschen, oder deine Jahre wie die Tage eines Mannes,
6 daß du nach meiner Ungerechtigkeit suchst und nach meiner Sünde forschest,
7 obwohl du weißt, daß ich nicht schuldig bin, und daß niemand ist, der aus deiner Hand errette?
8 Deine Hände haben mich ganz gebildet und gestaltet um und um, und du verschlingst mich!
9 Gedenke doch, daß du wie Ton mich gestaltet und zum Staube willst du mich zurückkehren lassen!
10 Hast du mich nicht hingegossen wie Milch, und wie Käse mich gerinnen lassen?
11 Mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet, und mit Knochen und Sehnen mich durchflochten.
12 Leben und Huld hast du mir gewährt, und deine Obhut bewahrte meinen Geist.
13 Doch solches bargest du in deinem Herzen; ich weiß, daß dieses bei dir war:
14 Wenn ich sündigte, so würdest du mich beobachten, und von meiner Missetat mich nicht freisprechen.
15 Wenn ich schuldig wäre, wehe mir! Und wäre ich gerecht, so dürfte ich mein Haupt nicht erheben, gesättigt von Schande und mein Elend schauend.
16 Und richtete es sich empor, wie ein Löwe würdest du mich jagen, und immer wieder deine Wunderkraft an mir erweisen.
17 Du würdest deine Zeugen mir gegenüber erneuern und deinen Zorn wider mich mehren, stets frische Scharen und ein Heer wider mich entbieten.
18 Warum hast du mich doch aus Mutterleibe hervorgehen lassen? Ich hätte verscheiden, und kein Auge hätte mich sehen sollen!
19 Als ob ich nicht gewesen wäre, so hätte ich sein sollen, vom Mutterschoße zu Grabe getragen!
20 Sind meiner Tage nicht wenige? Er lasse ab, wende sich von mir, daß ich ein wenig mich erheitere,
21 ehe ich hingehe (und nicht wiederkomme) in das Land der Finsternis und des Todesschattens,
22 in das Land, düster wie das Dunkel, das Land des Todesschattens und der Unordnung, und wo das Hellwerden dem Dunkel gleich ist!
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Hiob 11

1 Und Zophar, der Naamathiter, antwortete und sprach:
2 Sollte die Menge der Worte nicht beantwortet werden, oder sollte ein Schwätzer recht behalten?
3 Sollte dein Gerede die Leute zum Schweigen bringen, daß du spotten solltest, und niemand dich beschämen,
4 daß du sagen solltest: Meine Lehre ist lauter, und ich bin rein in deinen Augen?
5 Aber möchte Gott doch reden und seine Lippen gegen dich öffnen,
6 und dir kundtun die Geheimnisse der Weisheit, daß sie das Doppelte ist an Bestand! Dann müßtest du erkennen, daß Gott dir viel von deiner Missetat übersieht.
7 Kannst du die Tiefe Gottes erreichen, oder das Wesen des Allmächtigen ergründen?
8 Himmelhoch sind sie, was kannst du tun? Tiefer als der Scheol, was kannst du wissen?
9 Länger als die Erde ist ihr Maß und breiter als das Meer.
10 Wenn er vorüberzieht und in Verhaft nimmt und zum Gericht versammelt, wer will ihm dann wehren?
11 Denn er kennt die falschen Leute; und er sieht Frevel, ohne daß er achtgibt.
12 Auch ein Hohlköpfiger gewinnt Verstand, wenn auch der Mensch als ein Wildeselsfüllen geboren wird.
13 Wenn du dein Herz richtest und deine Hände zu ihm ausbreitest, -
14 wenn Frevel in deiner Hand ist, so entferne ihn, und laß Unrecht nicht wohnen in deinen Zelten,
15 ja, dann wirst du dein Angesicht erheben ohne Makel, und wirst unerschütterlich sein und dich nicht fürchten.
16 Denn du wirst die Mühsal vergessen, wirst ihrer gedenken wie vorübergeflossener Wasser;
17 und heller als der Mittag wird dein Leben erstehen; mag es finster sein wie der Morgen wird es werden.
18 Und du wirst Vertrauen fassen, weil es Hoffnung gibt; und du wirst Umschau halten, in Sicherheit dich niederlegen.
19 Und du wirst dich lagern, und niemand wird dich aufschrecken; und viele werden deine Gunst suchen.
20 Aber die Augen der Gesetzlosen werden verschmachten; und jede Zuflucht ist ihnen verloren, und ihre Hoffnung ist das Aushauchen der Seele.
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Hiob 12

1 Und Hiob antwortete und sprach:
2 Fürwahr, ihr seid die Leute, und mit euch wird die Weisheit aussterben!
3 Auch ich habe Verstand wie ihr; ich stehe nicht hinter euch zurück; und wer wüßte nicht dergleichen?
4 Ich muß einer sein, der seinem Freunde zum Gespött ist, der zu Gott ruft, und er antwortet ihm; der Gerechte, Vollkommene ist zum Gespött!
5 Dem Unglück gebührt Verachtung nach den Gedanken des Sorglosen; sie ist bereit für die, welche mit dem Fuße wanken.
6 Die Zelte der Verwüster sind in Ruhe, und Sicherheit ist für die, welche Gott reizen, für den, welcher Gott in seiner Hand führt.
7 Aber frage doch das Vieh, und es wird's dich lehren; und das Gevögel des Himmels, und es wird's dir kundtun;
8 oder rede zu der Erde, und sie wird's dich lehren; und die Fische des Meeres werden es dir erzählen.
9 Wer erkennte nicht an diesen allen, daß die Hand Jehovas solches gemacht hat,
10 in dessen Hand die Seele alles Lebendigen ist und der Geist alles menschlichen Fleisches?
11 Soll nicht das Ohr die Worte prüfen, wie der Gaumen für sich die Speise kostet?
12 Bei Greisen ist Weisheit, und Einsicht bei hohem Alter.
13 Bei ihm ist Weisheit und Macht, sein ist Rat und Einsicht.
14 Siehe, er reißt nieder, und es wird nicht wieder gebaut; er schließt über jemand zu, und es wird nicht aufgetan.
15 Siehe, er hemmt die Wasser, und sie vertrocknen; und er läßt sie los, und sie kehren das Land um.
16 Bei ihm ist Kraft und vollkommenes Wissen; sein ist der Irrende und der Irreführende.
17 Er führt Räte beraubt hinweg, und Richter macht er zu Narren.
18 Die Herrschaft der Könige löst er auf, und schlingt eine Fessel um ihre Lenden.
19 Er führt Priester beraubt hinweg, und Feststehende stürzt er um.
20 Zuverlässigen entzieht er die Sprache, und Alten benimmt er das Urteil.
21 Verachtung schüttet er auf Edle, und den Gürtel der Starken macht er schlaff.
22 Er enthüllt Tiefes aus der Finsternis, und Todesschatten zieht er an das Licht hervor.
23 Er vergrößert Nationen, und er vernichtet sie; er breitet Nationen aus, und er führt sie hinweg.
24 Er entzieht den Verstand den Häuptern der Völker der Erde, und macht sie umherirren in pfadloser Einöde;
25 sie tappen in der Finsternis, wo kein Licht ist, und er macht sie umherirren gleich einem Trunkenen.
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Hiob 13

1 Siehe, das alles hat mein Auge gesehen, mein Ohr gehört und sich gemerkt.
2 So viel ihr wisset, weiß auch ich; ich stehe nicht hinter euch zurück.
3 Doch zu dem Allmächtigen will ich reden, und vor Gott mich zu rechtfertigen begehre ich;
4 ihr hingegen seid Lügenschmiede, nichtige Ärzte, ihr alle!
5 O daß ihr doch stille schwieget! Das würde euch zur Weisheit gereichen.
6 Höret doch meine Rechtfertigung, und horchet auf die Beweisgründe meiner Lippen!
7 Wollt ihr für Gott Unrecht reden, und für ihn Trug reden?
8 Wollt ihr für ihn Partei nehmen? Oder wollt ihr für Gott rechten?
9 Ist es gut für euch, daß er euch erforsche? Oder werdet ihr ihn täuschen, wie man einen Menschen täuscht?
10 Strafen wird er euch, wenn ihr im Geheimen die Person ansehet.
11 Wird nicht seine Hoheit euch bestürzen, und sein Schrecken auf euch fallen?
12 Eure Denksprüche sind Sprüche von Asche, eure Schutzwehren erweisen sich als Schutzwehren von Lehm.
13 Schweiget, laßt mich, und ich will reden, was auch über mich ergehen möge.
14 Warum sollte ich mein Fleisch zwischen meine Zähne nehmen, und mein Leben meiner Hand anvertrauen?
15 Siehe, tötet er mich, ich werde auf ihn warten, nur will ich meine Wege ihm ins Angesicht rechtfertigen.
16 Auch das wird mir zur Rettung sein, daß ein Ruchloser nicht vor sein Angesicht kommen darf.
17 Höret, höret meine Rede, und meine Erklärung dringe in eure Ohren!
18 Siehe doch, ich habe die Rechtssache gerüstet! Ich weiß, daß ich Recht behalten werde.
19 Wer ist es, der mit mir rechten könnte? Denn dann wollte ich schweigen und verscheiden.
20 Nur zweierlei tue mir nicht; dann werde ich mich nicht vor deinem Angesicht verbergen.
21 Deine Hand entferne von mir, und dein Schrecken ängstige mich nicht.
22 So rufe denn, und ich will antworten, oder ich will reden, und erwidere mir!
23 Wie viele Missetaten und Sünden habe ich? Laß mich meine Übertretung und meine Sünde wissen!
24 Warum verbirgst du dein Angesicht, und hältst mich für deinen Feind?
25 Willst du ein verwehtes Blatt hinwegschrecken, und die dürre Stoppel verfolgen?
26 Denn Bitteres verhängst du über mich, und lässest mich erben die Missetaten meiner Jugend;
27 und meine Füße legst du in den Stock, und beobachtest alle meine Pfade, grenzest dir ein die Sohlen meiner Füße;
28 da ich doch zerfalle wie Moder, wie ein Kleid, das die Motte zerfressen hat.
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